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Samstag, 2. Juli 2016

Kleine Rechtskunde: Das Verhältnismäßigkeitsprinzip

Mittel und Zweck einer aus einem Ober- und Unterordnungsverhältnis geborenen Maßnahme dürfen nicht außer Verhältnis zueinander stehen.

Ohne daß eine Maßnahme geeignet, erforderlich und angemessen ist, kann sie nicht rechtmäßig erfolgen, selbst wenn ihr Zweck legitim ist.

Kompletter Beitrag zum Verhältnismäßigkeitsprinzip:

Das Verhältnismäßigkeitsprinzip: Geeignet, erforderlich und angemessen


Mittel und Zweck einer aus einem Ober- und Unterordnungsverhältnis geborenen Maßnahme dürfen nicht außer Verhältnis zueinander stehen.

Das althergebrachte Verhältnismäßigkeitsprinzip ist ein allgemeines Prinzip, dessen Grundsätzen auch jedes staatliche Handeln unterliegt. Im bürgerlichen Sinne formuliert: Der Freiheitsanspruch des Bürgers darf von der öffentlichen Gewalt nur soweit beschränkt werden, als es zum Schutz des öffentlichen Interesses unerlässlich ist. Allgemeiner ist dies auch Ausfluß des in der Katholischen Soziallehre formulierten Subsidiaritätsprinzips. Dieses gehört zu den grundlegenden Prinzipien, welche im modernen Staat diesen an Recht anzubinden sucht.

Dabei muß als erstes der Zweck einer Maßnahme überhaupt ein legitimer sein.*
Dann sind die Mittel zu betrachten, die die folgenden Kriterien erfüllen müssen:

1) Geeignetheit
2) Erforderlichkeit
3) Angemessenheit

Geeignet ist eine Maßnahme**, die bei vernünftiger Antizipation einen Erfolg verspricht. Sie muß den Erfolg zumindest fördern können und sie sollte ihn erreichen. Ungeeignet sind jedenfalls Maßnahmen, die von vorneherein keinen Erfolg versprechen.
Erforderlich ist eine konkrete Maßnahme, also ein Mittel, nur, wenn diejenige gewählt wurde, die den Adressaten am wenigsten beeinträchtigt. Zwingend sind verschiedene Mittel zu formulieren, möglichst vollständig Handlungsalternativen zu suchen und zu vergleichen und das mildeste Mittel mit den geringsten Nachteilen für den Adressaten der Maßnahme ist zu wählen.***
Das Kriterium der Angemessenheit betrachtet das Verhältnis der Belastung durch das gewählte Mittel zum angestrebten Ziel, welches nicht außer Verhältnis geraten darf. Hier finden auch die Grundrechte Einfluß und die abstrakte Wertigkeit der Positionen ist abzuwägen. Somit stellt die Angemessenheit noch Schranken selbst für das mildeste Mittel auf. Auch wenn die Angemessenheit auf den Schutz des Maßnahmenadressaten gerichtet ist, dient diese gleichzeitig der allgemeinen Rechtsordnung und sogar der Kostenökonomie des Regierens.

Ohne daß eine Maßnahme geeignet, erforderlich und angemessen ist, kann sie nicht rechtmäßig erfolgen, selbst wenn ihr Zweck legitim ist.

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*Moderne Demokratien neigen, dies sei kritisch angemerkt, aufgrund ihres - je nach Couleur - völkisch- oder kollektivistischen Voluntarismus zum Rechtspositivismus (Rechtsetzung statt Rechtfindung). Infolge sind Ziele oft nicht mehr ans Recht angebunden, sondern folgen bloß dem irgendwie zugesprochenem Volkswillen oder dem Willen einer anderen abstrakten kollektiven Entität. Diese im Grunde furchtbare Entwicklung findet sich bereits im monarchichen Absolutismus (L’État, c’est moi „Der Staat bin ich!“). Umso mehr muß dem Verhältnismäßigkeitsprinzip Achtung und Geltung verschafft werden.
**Auch Verwaltungsakt.
***Merkels Vorstellung und Ausdruck einer Alternativlosigkeit verletzt bereits diesen rechtsstaatlichen Grundsatz.


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